Zeugnissprache verstehen ist nicht immer einfach!
Ihr Arbeitgeber hat Sie als interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter „kennengelernt“ ? So steht es jedenfalls in Ihrem Zeugnis. Darüber hinaus attestiert Ihnen Ihr Arbeitgeber sehr hohe Einsatzbereitschaft, jederzeitige Bereitschaft Überstunden abzuleisten und Sie haben zusammenfassend Ihre Aufgaben stets zur vollen Zufrieden erledigt.
Was meinen Sie? Ist die Formulierung, dass Ihr Chef Sie so „kennengelernt“ hat, für Sie eine positive oder negative Beurteilung?
In dem vom Bundesarbeitsgericht am 15.11.2011 (9 AZR 386/10) entschiedenen Fall meinte der Arbeitnehmer, dass eine derartige Formulierung in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden wird und der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck bringt, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe.
Von der Hand zu weisen ist das jedenfalls nicht: Wenn der Arbeitnehmer doch interessiert und hochmotiviert war, warum sagt der Arbeitgeber das dann nicht einfach? Und wenn der Arbeitnehmer mit diesen Eigenschaften kennengelernt wurde, so heißt es ja nicht zwangsläufig, dass er immer über diese Eigenschaften verfügte, sondern z. B. nur einmal im Monat.
Trotzdem bekam der Arbeitnehmer in 3 Instanzen kein Recht und so hat auch das Bundesarbeitsgericht die Revision durch Urteil vom 15. November 2011 zurückgewiesen. Der Pressemitteilung Nr. 88/11 des Bundesarbeitsgerichts ist zu entnehmen, dass aus Sicht des Gerichts nicht der Eindruck entstanden sei, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation attestiert habe.
Rechtsgrundlage für ein Zeugnis ist § 109 Gewerbeordnung. Danach hat jeder Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das zudem klar sein muss und keine Widersprüche oder „versteckte Fouls“ haben darf. Ob ein Verstoß gegen diese Grundsätze vorliegt, beurteilen Richter nicht aus ihrer eigenen fachkundigen Sicht oder derjenigen des Klägers, der subjektiv betrachtet die Formulierung als belastend empfindet. Die Richter stellen vielmehr auf den sogenannten „objektiven Empfängerhorizont“ ab. Die Gerichte meinen damit eine Beurteilung, wie ein neutraler und objektiver Mensch die Formulierung im Zeugnis verstehen würde.
Es ist logisch, dass eine solche Gerichtsentscheidung schwer vorhersehbar sein wird. Gerade der hiesige Fall zeigt, dass durchaus unterschiedliche Auffassungen denkbar sind.
Was folgt also aus der Entscheidung? Wenn kein eindeutiger Verstoß des Arbeitgebers gegen die Zeugnisklarheit und –wahrheit vorliegt, könnte es sich durchaus anbieten, dem Arbeitgeber vor Einreichung einer Klage eine ähnlich lautende Formulierung vorzuschlagen, mit der sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber leben kann. Der von der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts betroffene Mitarbeiter ist bereits am 28. Februar 2007 beim damaligen Arbeitgeber ausgeschieden, es hat also mehr als 4 Jahre gedauert, bis das Bundesarbeitsgericht über das Zeugnis entschieden und damit Klarheit für die Arbeitsvertragsparteien geschaffen hat. Ein Kompromiss hätte hier sicherlich allen Beteiligten einen Mehrwert gebracht. Suchen Sie sich deshalb einen Rechtsanwalt, der die Situation erkennt und mit Ihnen auch andere Sichtweisen erörtert.
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