Arbeitsrecht aus Osnabrück: Arbeitnehmer darf lügen!
Immer wieder werden in Einstellungsgesprächen oder Bewerberfragebögen persönliche Fragen an einen Stellenbewerber gestellt. Es hat sich inzwischen herumgesprochen, dass die Rechtsprechung solche Fragen teilweise verbietet. Frühere Auswüchse, wonach sogar nach der Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft oder eines früheren Betriebsratstätigkeit gefragt wurde, finden sich in der Rechtspraxis deshalb kaum noch.
Noch heute wird aber häufig nach Schwerbehinderteneigenschaft, nach einer Schwangerschaft oder – wie in dem jetzt vom Bundesarbeitsgericht am 15.11.2012 (6 AZR 339/11) entschiedenen Fall nach anhängigen strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen den Bewerber gefragt.
Was droht dem Arbeitnehmer, wenn er im Bewerbungsgespräch bei einer solchen Frage die Unwahrheit sagt und eingestellt wird? Kommt später die Unwahrheit heraus, könnte der Arbeitgeber berechtigt sein, den Abschluss des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten. Beantwortet nämlich der Arbeitnehmer eine bei der Einstellung zulässigerweise gestellte Frage falsch, könnte nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht eine arglistige Täuschung vorliegen (Urteil vom 7.7.2011 2 AZR 396/10).
Der Arbeitnehmer kann natürlich die Beantwortung von Fragen bei der Einstellung auch verweigern, wenn er die Frage für unzulässig hält. Die Konsequenzen dürften aber allen klar sein: er wird den Job nicht bekommen. Ob er dann einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Diskriminierung nach § 15 AGG hat, ist eine andere Frage.
Der Arbeitnehmer wird sich also zwangsläufig überlegen, ob er auf die Frage, wenn sie ihm nicht passt, lügt und sich dem Risiko der Anfechtung des Arbeitsvertrages aussetzt. Eine allgemeingültige Aussage darüber, welche Frage unzulässig ist, kann seriös nicht beantwortet werden, es sei denn, es handelt sich um Extremfälle, wie z.B. die Frage nach der politischen Gesinnung oder bestimmter Vorlieben. Allgemein wird man sagen können, dass eine Frage durchaus zulässig sein kann, wenn sie für die Ausübung der Tätigkeit von erheblicher Relevanz ist. So kann der Betreiber eines Röntgeninstituts eine Bewerberin natürlich nach einer bestehenden Schwangerschaft fragen, denn es liegt auf der Hand, dass bei bestehender Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot besteht.
Die Frage nach der Schwerbehinderung sollte früher an sich nur dann zulässig sein, wenn die Behinderung sich auf die Ausgestaltung des Arbeitsplatzes auswirken könnte. Nachdem der Arbeitgeber nach § 81 SGB IX jedoch verpflichtet ist, zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzt werden können, halten viele die Frage nach der Schwerbehinderteneingenschaft selbst dann für zulässig, wenn sie sich nicht auf den Arbeitsplatz auswirkt.
Die Frage an einen Stellenbewerber nach eingestellten Ermittlungsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht in dem Urteil vom 15. November 2012 jedoch für unzulässig gehalten. Nach der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts verstößt eine solche Frage gegen das Datenschutzrecht und zudem auch gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Arbeitnehmers als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz.
Es bleibt daher festzuhalten, dass es in vergleichbaren Fällen immer auf den Einzelfall, die konkrete Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und die Person des Arbeitnehmers ankommt. Wenden Sie sich deshalb im Bedarfsfall schnellstmöglich an Ihren Fachanwalt für Arbeitsrecht in Osnabrück.
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