Arbeitsrecht: Abfindung futsch bei Insolvenz?
Was können Sie tun, wenn Ihr Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung vertraglich zusichert, dann aber vor Auszahlung Insolvenz beantragt ?
Das Risiko ist offenkundig : Häufig wird in Aufhebungsverträgen mit dem Arbeitgeber die Zahlung einer Abfindung vereinbart. Diese wird jedoch nicht sofort ausbezahlt, sondern ist erst bei Ende des Arbeitsverhältnisses fällig. Gerade bei längeren Kündigungsfristen kann hier schon einmal zwischen dem Aufhebungsvertrag und der Auszahlung ein Zeitraum von 6 Monaten liegen, in dem die wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers sich bis hin zu einer Insolvenz verschlechtern kann.
Selbstverständlich können Sie den Abfindungsanspruch so wie alle anderen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis beim Insolvenzverwalter anmelden, sind dann aber darauf angewiesen, dass bei Abschluss des Insolvenzverfahrens an alle Gläubiger eine Quote ausgezahlt wird. Abgesehen davon, dass Sie dann ohnehin nur einen Bruchteil Ihrer Abfindung bekommen würden, kommt eine solche Quote praktisch nicht vor.
In genau dieser Situation befand sich ein Arbeitnehmer, der im August 2008 einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatte, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2009 und Zahlung einer Abfindung von 23.900,00 € vorsah. Der Arbeitnehmer meinte nach Insolvenz des Arbeitgebers und Nichtzahlung der Abfindung sodann von diesem Aufhebungsvertrag zurücktreten zu können. Was hatte der Arbeitnehmer davon?
Wenn der Arbeitnehmer durch diesen Rücktritt vom Aufhebungsvertrag nur weitere finanzielle Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber hat, nützt ihm das gar nichts. Auch diese Ansprüche kann er nur in der Insolvenz anmelden und geht vermutlich leer aus.
Hier war aber die Besonderheit, dass der Betrieb inzwischen durch den Insolvenzverwalter an eine andere Firma verkauft worden war und der ursprüngliche Betrieb fortgesetzt wurde. Sollte der Arbeitnehmer mit seinem Rücktritt Erfolg haben, wäre er dann weiterhin Arbeitnehmer bei seinem früheren Arbeitgeber gewesen und wäre vom neuen Inhaber zu übernehmen.
Eine pfiffige Idee. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 10.11.2011 (6 AZR 342/10) zu Lasten des Arbeitnehmers entschieden, dass sein Rücktritt vom Aufhebungsvertrag nicht wirksam erklärt werden konnte.
Die Begründung des Bundesarbeitsgerichts ist juristisch nicht unkompliziert: Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass ein Rücktritt des Arbeitnehmers wegen Nichtzahlung der im Aufhebungsvertrag vereinbarten Abfindung grundsätzlich möglich ist. Dies soll nur dann nicht gelten, wenn das Rücktrittsrecht in dem Aufhebungsvertrag selbst ausgeschlossen wird. Grundsätzlich sollte deshalb in Aufhebungsverträgen ausdrücklich geregelt werden, ob ein solcher Rücktritt bei Nichtzahlung möglich sein soll oder nicht.
Gescheitert ist der Arbeitnehmer vor dem Bundesarbeitsgericht letztendlich aber deshalb, weil er den Rücktritt zu spät (!) erklärt hat. Hier erfolgte der Rücktritt nämlich durch Erklärung vom 08.04.2009 und damit zu einem Zeitpunkt als das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers bereits eröffnet war. Das Bundesarbeitsgericht führt aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Abfindungsforderung nicht mehr „durchsetzbar“ war. Der Arbeitgeber könne nur noch die Abfindung zur Insolvenztabelle anmelden, aber nicht mehr Zahlung verlangen.
Der Arbeitnehmer hat vor dem Bundesarbeitsgericht also verloren. Für Sie als möglicherweise betroffener Arbeitnehmer kann das Urteil aber durchaus positive Folgen haben: Wenn absehbar ist, dass ein Insolvenzverfahren droht und vor dessen Eröffnung der Rücktritt erklärt wird, kann zwar im Einzelfall die Abfindung nicht gerettet werden, aber möglicherweise der Arbeitsplatz. Indizien für die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, die auf eine drohende Insolvenz hinweisen können, sind verspätete oder sogar unterbliebene Gehaltszahlungen. Auch der Betriebsrat ist meistens über die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens durchaus informiert. Bei ersten Zweifeln sollten Sie jedenfalls Ihren Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht in Osnabrück aufsuchen und Möglichkeiten besprechen. Denn Sie wissen ja: Wer zu spät kommt, ……………
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